DEUTSCHLANDBILDER
D 1983 – Regie: Hartmut Bitomsky, Heiner Mühlenbrock – Originalfassung: Deutsch – Länge: 59 min.
Kult und Montage. Ein Filmessay, zusammengefügt aus über 30 "Kulturfilmen" der NS-Zeit. Arbeit, Freizeit, Körperkult und Technik. 1983, ein Durchbruch, geht es erstmals nicht um Zurückweisung, um die rituelle Bestätigung der Bilder- und Denkverbote unter dem Stichwort "Propaganda". Stattdessen: Anschauung - und ungewohnte Kommentare.
Hartmut Bitomsky: "Prinzip war, jene explizit oder von vornherein politischen Filme zu vermeiden; also jene Filme von Paraden, Kundgebungen, Reden, Parteitagen etc., die das Argumentieren allzu leicht machen. Die Nazis schätzten den Kulturfilm. Sie haben eine Flut von Bildern über Deutschland verbreitet. Sie glaubten an Bilder und Filme, sie waren ausgesprochen schönheitsbedürftig und bildergläubig. Die Kulturfilme sollten Deutschland ein Gesicht geben, das den Nazis gefiel. (…) Die Bilder sollen belegen, wie der Faschismus gewesen ist, und gleichzeitig müssen sie gegen sich selbst sprechen: so wie man es mit Agenten macht, die übergelaufen sind und umgedreht werden."
"Filmtitel sind Vorfreuden. Hartmut Bitomskys Titel Deutschlandbilder gab nicht nur her, was er versprach: Aus jeder Szene wurde ein geheimer Code. Beispiel: Zum Titel "Gemeinschaft" eine Kaffeetasse nach der anderen, aufgereiht in Reih' und Glied. Kaffee wird eingegossen, Zucker hineingeworfen, alles bleibt unberührt. VomJahr 1933 an wurde jedes Jahr von Bitomsky in einer knappen Bildbemerkung charakterisiert.
Die Jahre waren dabei extrem gegenbesetzt. Man konnte zum Jahr 1944 nicht Stauffenberg und die Bendlerstraße sehen, sondern kleine Kinder, vorwiegend Mädchen, die Kreisspiele spielten und herumhüpften, von einer Erzieherin beobachtet und gegängelt."
Ilse Aichinger, Deutschlandbilder, in: Film und Verhängnis. Blitzlichter auf ein Leben, Frankfurt (S. Fischer), 2001
Regie HARTMUT BITOMSKY, geb. 1942 in Bremen. 1962 bis 1968 studiert er an der Freien Universität Berlin, ab 1966 auch an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, von der er 1968 zusammen mit anderen Kommilitonen wegen politischer Aktivitäten relegiert wird. Seit 1970 freiberuflich als Schriftsteller, Regisseur und Produzent tätig sowie als Dozent an Kunst- und Filmhochschulen, u.a war er Dekan der School of Film/Video am California Institute of the Arts, Los Angeles. Gegenwärtig hält Hartmut Bitomsky eine Professur für Filmregie und Filmproduktion an der Universität der Künste Berlin und ist seit Januar 2006 Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb).
HEINER MÜHLENBROCK, studierte zwischen 1978 und 1982 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie. Er lebt als Film- und TV-Autor in Berlin.
Filme (Auswahl) HARTMUT BITOMSKY 1966 Das Vöglein, 1967 3000 Häuser, 1968 Johnson & Co. Oder Der Feldzug gegen die Armut, 1970 Die Teilung aller Tage (mit Harun Farocki), 1971 Eine Sache, die sich versteht mit (Harun Farocki), 1973 Einmal wirst auch Du mich lieben (mit Harun Farocki), 1974 Call Girls, 1975 Auf Biegen oder Brechen, 1975 Unter einem Himmel schwarz von erloschenen Bränden schwarz, 1976 Der Schauplatz des Krieges – Das Kino von John Ford, 1977 Karawane der Wörter, 1981 Highway 40 West, 1986 Reichsautobahn, 1987 Infrastruktur Berlin/West, 1988 Das Kino und der Tod, 1989 Der VW Komplex, 1990 Isaak Babel - Die Reiterarmee, 1991 Das Kino und der Wind und die Photographie, 1991 Kino Flächen Bunker, 1992 Die UFA, 1993 Imaginäre Architektur – Der Baumeister Hans Scharoun, 1995 Playback, 2001 B-52.
HEINER MÜHLENBROCK 1985 Die Stadt, 1988 Keine Hand wäscht die andere, 1989 Das eiskalte Auge, 1990 Vor aller Augen, 1992 Aus Leibeskräften, 2001 Dieter stellt sich vor, 2003 Heiner Müller-Clips (Kurzfilm), 2005 Jonathan Meese – Greetings to Joe Dallesandro GEMEINSAM 1983 Deutschlandbilder
Autor*in: Hartmut Bitomsky, Heiner Mühlenbrock. Kamera: Carlos Bustamante. Schnitt: Hartmut Bitomsky, Heiner Mühlenbrock. Produktion: Big Sky Film. Produzent*in: Hartmut Bitomsky. Weitere Produzent*innen: WDR (Werner Dütsch), Transtel. Verleih: Freunde der Deutschen Kinemathek e.V..