Simone Endres

Kurzinterview mit den Projektbeteiligten von TANZ IM MUSEUM

Das Bayerische Staatsballett, das 1988 als eigenständige Ballettkompanie aus dem Ensemble des ehemaligen Balletts der Bayerischen Staatsoper hervorging,  verfügt über ein vielfältiges Repertoire mit über 80 Werken von der Romantik über die Klassik und Neo-Klassik bis hin zum 21. Jahrhundert.

https://www.staatsoper.de/staatsballett


Was ist Deine Aufgabe dort?
Meine Aufgabe ist die Tanzvermittlung, ich mache die Education-Programme und leite die Kinder- und Jugendabteilung.

Wie würdest Du das Projekt jemandem beschreiben der keine Ahnung hat was TANZ IM MUSEUM ist?
Bei TANZ IM MUSEUM haben wir eine Brücke zwischen bildender und darstellender Kunst geschaffen, mit der Frage verbunden inwiefern diese beiden Bereiche zusammenfließen können. Die Bilder wirkten als Inspirationsangebot für eigene kreatives Schaffen, aber auch wie wir mit heutigem Blick auf das Gestern schauen. All das floss in den Tanz mit ein.

Was machst Du in Deiner Arbeit als Tanzvermittlerin?
In meiner Rolle als Tanzvermittlerin ist meine dankbare Aufgabe, Menschen mit der Begeisterung für das Ballett anzustecken und sie in Bewegung zu bringen, in einem breitgefächerten Angebot vom Schulprojekt über Kindereinführungen bis hin zu Fortbildungen für Lehrkräften.

Was macht Tanz mit den Kindern und Jugendlichen? Beziehungsweise mit der Persönlichkeitsentwicklung?
Wahnsinnig viel! Und jeden Tag fällt mir mehr auf, wie wichtig dieser Bereich ist. Der Bildungsforscher Ken Robinson hat es mal so gesagt: „Kreatives Lernen zielt darauf ab, Selbstvertrauen, die geistige Unabhängigkeit und die Fähigkeit, für sich selbst zu denken, zu fördern.“ Und da wir kein Hirn auf Beinen sind, sondern vielfältige Menschen mit vielfältigen Körpern, die soziale Beziehungen und Begegnungen haben, die nicht statisch sind, ist der Tanz ein optimales Erfahrungsfeld, um sich als Mensch auszuprobieren und zu spüren, was es überhaupt bedeutet, lebendig zu sein und sich immer wieder neu zu erleben und weiterzuentwickeln. Dafür ist es wirklich notwendig, Räume zu schaffen, in denen Kinder und Jugendliche die Möglichkeit des Ausprobierens erhalten und dass dieses „Ausprobieren“ auch als Erfolgserlebnis wahrgenommen wird.

Was war das Besondere in dieser konkreten Zusammenarbeit?
Besonders war, dass wir Jugendliche aus ganz unterschiedlichen Institutionen zusammenbringen konnten. Und dabei zu sehen, wie sich alle auch ohne lange Kennenlernphasen sofort über das breite Angebot der Kunst ganz allgemein auf Anhieb etwas zu sagen hatten und von Anfang an verstanden haben. Das fand ich sehr bemerkenswert. Die Jugendlichen kamen ja aus ganz unterschiedlichen Motivationen heraus zu uns. Manche sind da auch eher so „hereingestolpert“. Ein Schlüsselerlebnis war für mich, als in einer Einrichtung plötzlich draußen Fußball gespielt wurde, da dachte ich, jetzt wird es schwierig in der Konzentration zu bleiben, jetzt verlieren wir sicher einige Kids an den Outdoor-Sport. Aber sie waren so vertieft in ihre eigenen Ideen, dass sie sich davon überhaupt nicht aus der Ruhe bringen ließen. Das hat mich sehr fasziniert, dass auch diese Option besteht und dass in der Abgrenzung davon eine Gruppe auch noch stärker zusammenwächst.

Wie lief das ab als die Kids die Bilder gesehen haben? Wie sind die Tänze entstanden?
Für mich ist das wichtigste, dass die Ideen wirklich von den Jugendlichen kommen. Um die Teilnehmenden aus der Reserve zu locken, gebe ich anfangs immer gern ein paar Schritte vor, und spätestens wenn die erste Person sagt, dass sie sich das nicht merken kann sage ich „jetzt darfst du alles auseinandernehmen und was ganz Anderes daraus machen“. Das funktioniert gerade in der Anfangsphase am besten. Und weil jeder die Schritte anders auseinandernimmt und unterschiedlich interpretier, entstehen durch die Demontage der ursprünglichen Vorgabe immer schon ganz erstaunliche Choreographien.

Als wir uns dann nach der längeren „Corona-Pause“ neu zusammenfinden mussten und sich die Konstellation der Teilnehmenden auch grundlegend geändert hatte, hatte ich befürchtet, wir müssten nochmal ganz neu anfangen. Aber die Jugendlichen waren sofort wieder im „Flow“ und brauchten mich kaum. Ich war eigentlich bestenfalls eine „ordnende Kraft“, was ich ganz toll fand! Es bedeutet, dass die Jugendlichen den Raum ganz für sich erobern konnten. Die Teilnehmer.innen, die das Museum schon aus der Probephase kannten, konnten auch selbständig Bezüge zu den Bildern herstellen und erinnerten sich sehr gut.

Was möchtest Du grundsätzlich noch zu solchen Projekten sagen?
Die Vernetzung so vieler unterschiedlicher Kulturinstitutionen ist ja nicht nur für die teilnehmenden Jugendlichen ein Blick über den Tellerrand, sondern eine Win-Win-Situation für uns alle. Das nächste Mal wenn ich ein Museum besuche, werde ich die Bilder sicher aus anderen Blickwinkeln betrachten. Und mir auch dabei überlegen, wie ich diese selbst in Tanz übersetzen würde. Auch mein Horizont ist gewachsen in der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Künste.

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